Müllerstochter, Königin ... – Porträt der Schauspielerin Doris Kirchner

Druckversion
Jetzt im Kino: Dokumentarfilm
Doris Kirchner mit Tochter Andrea Bild: K. Poggenpohl

Sie stand gemeinsam mit Partnern wie Heinz Rühmann, O.W. Fischer, Karlheinz Böhm oder Hans Moser vor der Kamera, auf der Bühne des Wiener Burgtheaters und gehörte zum deutschsprachigen Staraufgebot der Fünfziger Jahre. Heute lebt Doris Kirchner auf einer Demenzstation eines Alten- und Pflegeheimes in der Nähe von Hamburg.

Mit dem 50-minütigen Dokumentarfilm versuchen die Regisseure Kirsten Poggendorf und Michael Wolfram eine Annäherung an die ehemalige Schauspielerin, die nach ihrem Rückzug von Film und Theater eine kleine Schauspielschule in Hamburg leitete. Sie selbst hatte am Max-Reinhardt-Seminar in Wien gelernt und unterrichtete nun mit einer eigenen Methode, bei der Sprache und Sinneswahrnehmung eine besondere Rolle spielen.

Ein Schlaganfall löste 2003 die Demenz aus, die von da an ihr Leben bestimmte. Sie musste die Schule verkaufen und die eigene Wohnung aufgeben. Der Film erinnert mit Filmausschnitten an die Schauspielerinnenkarriere von Doris Kirchner und zeigt ihren Alltag im Pflegeheim. Dabei gelingen den Filmemachern Momente, in denen die Mühe und der Kampf um ein Selbst-Bewusstsein eindrücklich sichtbar werden. In den Dialogen ringt sie um vollständige Sätze, die jedoch davongleiten, sodass nur Fragmente übrig bleiben. Überraschend präzise formuliert sie jedoch im Zusammenhang von Proben für eine Theateraufführung – sie übernimmt bei der Bühnenarbeit an „Rumpelstilzchen“ im Heim noch einmal die Regie.

In Interviews kommt ihre Tochter zu Wort. Das früher offenbar spannungsgeladene Verhältnis zwischen den beiden hat sich mittlerweile zu einem liebevollen Umgang verändert, den die Tochter mit unverkrampfter Offenheit und Gelassenheit kommentiert.

Die Bildwelt des Films bewegt sich zumeist im dokumentarisch Journalistischen, wobei die Kamera auch intime und poetische Momente einfängt. So zeigt die Eingangssequenz den Schatten von Doris Kirchner auf einer Frühlingswiese, die von Baumblüten übersät ist. Sie findet damit ein poetisches Bild für das Schwinden an Persönlichkeit und damit einerseits die Beklemmung über das Schattenhafte und andererseits den Zauber jener flüchtigen Assoziationen, der bei genauerem Hinhören in den Dialogen mit Doris Kirchner zu entdecken ist. Leider ist die Bildqualität nicht optimal – das technische Format der DV-Cam-Produktion strapaziert die Augen auf einer Kinoleinwand erheblich.

Der Film vermittelt indes eine Nahaufnahme, deren besondere Qualität darin liegt, dass sie sich der Lebenswelt eines Menschen mit Demenz weder voyeuristisch noch angstbesetzt nähert.

cev