Die Akteure, die Menschen mit Demenz im alltäglichen Leben begegnen, müssen noch viel offener werden, um das Ziel einer demenzfreundlichen Kommune zu erreichen. Das wird vermutlich zunächst nur kleinräumig mit konkreter Ansprache einzelner Akteure erreicht werden können. [...] die Enttabuisierung muss eher mit konkreten Beispielen und Angeboten im Stadtteil beginnen.
Schwarzwald-Baar-Kreis: Projektverlauf bis November 2015
Im Schwarzwald-Baar Kreis gibt es mit dem Arbeitskreis Demenz seit mehr als 18 Jahren ein aktives Netzwerk von MitarbeiterInnen aus der ambulanten und stationären Pflege, aus Kliniken, Sozialdiensten, Landratsamt, Ärzten, Angehörigen, Senioreninitiativen und anderen Interessierten. Die Koordination liegt beim Landratsamt/Gesundheitsamt.
Anliegen ist Aufklärung und Information der Bevölkerung über die Erkrankung und Sensibilisierung für die Probleme der Erkrankten und deren Angehörige.
Halbjährlich werden gemeinsam mit anderen Einrichtungen in den Gemeinden Vortragsreihen, Schulungen oder auch kulturelle Veranstaltungen wie Theater organisiert. Aktuelle Termine und Adressen über Unterstützungsangebote werden jeweils halbjährlich mit einem Flyer an Ärzte, Apotheken, Rathäuser etc. verteilt, um das Angebot bekannt zu machen. (Ein Beispiel ist als pdf-Datei unten abrufbar).
Im Rahmen des Arbeitskreises werden halbjährliche Arbeitstreffen im Landratsamt organisiert, die der Vernetzung und Fortbildung dienen.
Im Laufe der Jahre ist ein gutes Netzwerk entstanden, durch die Kooperation werden wertvolle Synergien erzielt.
Von 2009 bis 2011 wurde der Arbeitskreis von der Aktion Demenz gefördert. In den Gemeinden des Kreises wurden in dieser Zeit eine Reihe von Initiativen aufgebaut, die bis heute noch weiter bestehen bzw. weiterentwickelt wurden. Andere Projekte haben sich nicht bewährt oder konnten aufgrund personeller Veränderungen nicht fortgeführt werden.
Das Thema Bewegung und soziale Teilhabe hat die Arbeit seither begleitet und ist mittlerweile Bestandteil vieler Projekte geworden
. In verschiedenen Pflegeeinrichtungen gibt es Tanzcafes. Offene Tanzangebote für Menschen mit und ohne Demenz konnten auf Dauer nur schwer realisiert werden.
Entstanden und weiter geführt werden in Villingen Spaziergänge rund ums Städtle und begleitete Spaziergänge in Donaueschingen. Die Angebote sind offen und richten sich nicht speziell an Menschen mit einer Demenzerkrankung.
In einer Kooperation mit dem Turnverein Villingen ist es gelungen, ein Angebot zu schaffen, bei dem ältere Menschen mit einem Vereinsbus zur Bewegung geholt und wieder heim gebracht werden.
Gemeinsam mit Demenz Support Stuttgart und Wandervereinen wird an der Entwicklung eines gemeinsamen Wanderprojektes gearbeitet.
Demenzfreundliche Kommune St. Georgen
Mit sehr viel Engagement hat sich St. Georgen 2011 an der Idee zur Entwicklung einer demenzfreundlichen Kommune beteiligt. Das mit der Demenzkampagne 2010 gestartete „Kino am Nachmittag“ in St. Georgen läuft mit Erfolg weiter. Entstanden und weiterentwickelt wurde hier außerdem die „demenzfreundliche Urlaubsregion“.
Ferienland Schwarzwald ist „demenzfreundliche Urlaubsregion“
Das Ferienland Schwarzwald entwickelt sich immer mehr zur „demenzfreundlichen Urlaubsregion“. Der Tourismusverbund der Gemeinden Schonach, Schönwald, Furtwangen, Unterkirnach und St. Georgen hat sein Angebot „Urlaub für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige“ optimiert und ausgebaut, das speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz und deren pflegende Betreuung zugeschnitten ist. Insbesondere St. Georgen hat sich als zentraler Standort herauskristallisiert.
Das Angebot richtet sich in vielfältiger und unterschiedlicher Weise sowohl an Menschen mit einer Demenz als auch an jene Menschen, die eine Auszeit dringend nötig haben – ihre pflegebedürftigen Angehörigen aber nicht alleine lassen wollen.
Die Idee, Urlaub für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige anzubieten, entstand 2010 innerhalb einer Kampagne des Schwarzwald-Baar-Kreises zum Thema Demenz. In St. Georgen wurde seinerzeit ein spezieller Arbeitskreis gebildet und ein Konzept entworfen, das nicht nur an Demenz erkrankte Menschen, sondern auch pflegende Angehörige mit einschließt.
Die im südlichen Schwarzwald gelegene Kleinstadt St. Georgen ist mit knapp 13.000 Einwohnern die drittgrößte Kommune im Schwarzwald-Baar-Kreis und mittlerweile ein etablierter Gesundheitsstandort :
In der vom Landesgesundheitsamt in das Pilotprojekt „Gesund aufwachsen in Baden-Württemberg“ aufgenommenen Gemeinde haben sich zahlreiche Ärzte und Fachärzte niedergelassen. Das Ferienland Schwarzwald arbeitet eng mit dem Landratsamt, Pflegediensten, stationären Einrichtungen, Betreuungsgruppen und Beratungsstellen zusammen. St. Georgen verfügt mit dem Pflegezentrum Lorenzhaus, dem Elisabethhaus mit Tagespflege und Sozialstation und dem „Ambulanten Pflegedienst Schneiderhan“ über kompetente Pflegezentren, in denen eine Betreuung in der Tagespflege, Kurzzeitpflege oder auch in der Unterkunft möglich ist. Darüber hinaus gibt es individuelle Angebote bei der Betreuung von Alzheimer-Patienten wie Hol- und Bringdienst, betreuter Spaziergang, Sport und Gymnastik. Weitere Informationen und Kontakt sind auf der Internetseite zu finden.
Kultur und Demenz
Das Brennpunkt Theater Villingen Schwenningen hat bereits 2010 ein eigenes Theaterstück zum Thema Demenz entwickelt. Mit über 20 Aufführungen im Kreisgebiet war das Theaterstück „Dementus und Dementine“ das Herzstück der Veranstaltungen zur Demenzfreundlichen Kommune im Schwarzwald-Baar Kreis. Die Theateraufführung hat sehr viele Menschen erreicht, auch Menschen, die sich bisher überhaupt nicht mit dem Thema Demenz auseinandergesetzt haben.
Nach dieser Erfolgsgeschichte hat sich der Arbeitskreis Demenz dafür stark gemacht, eine Aufführung zu entwickeln, die sich mit der Situation von Menschen im frühen Stadium einer Demenz auseinandersetzt. Die Verwirklichung und Umsetzung dieser Idee erfolgte durch die beiden Schauspieler Karin Pittner und Uwe Spille. Finanziell ermöglicht wurde die Realisierung des Stückes über eine Stiftung.
Entstanden ist das Stück „Dementieren zwecklos - Ein Schauspiel über das Vergessen, die Liebe und was bleibt“. Nach einer grandiosen Premiere im Landratsamt im Herbst 2014 wurde die Aufführung bisher an 13 Orten im Kreisgebiet aufgeführt.
Und darum geht es: Was genau ist „Demenz“? Trifft es nur „alte“ Menschen? Oder ist nicht die Frage erlaubt, was Alter eigentlich ist und was einen vor den unangenehmen Folgeerscheinungen, die das Leben und insbesondere das Älterwerden mit sich bringt, schützen kann. Udo Jürgen sang einst „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“. Doch was tun, wenn einen die Demenz gerade in den so beschriebenen „besten Jahren“ heimsucht?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich das Stück „Dementieren zwecklos“ von Uwe Spille. Hierin gehen er und die Schauspielerin Karin Pittner als Moderatoren und in Zwischenszenen als älteres Ehepaar oben genannten Fragen nach, geben nicht immer bequeme Antworten oder stehen selbst vor der Frage, was man im Angesicht des Älterwerdens tun kann. „Dementieren zwecklos – Ein moderiertes Schauspiel um das Vergessen, die Liebe und was bleibt“ mit Uwe Spille und Karin Pittner wendet sich vordergründig an die Generation 68. Darüber hinaus an alle, die schon immer wussten, dass dementieren zwecklos ist. Und man sein Leben leben sollte, bevor man tot ist.
Mehrere kurze Szenen sind auf Youtube zum anschauen.
Anhang | Größe |
---|---|
Flyer Demenznetz 2015.PDF | 2.62 MB |
- Anmelden um Kommentare zu schreiben