Berlin: Was bisher passiert ist:

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Projekt: 
Vergissmeinnicht
Der Ton macht die Musik

Der Projektbeginn

Nachdem im Januar 2013 die Bestätigung kam, dass das Projekt  „Vergissmeinnicht – Menschen mit Demenz im Scheinwerferlicht“ von Aktion Demenz e.V. gefördert wird, konnten die ersten Vorbereitungen getroffen werden. Flyer mussten erstellt und gedruckt und mögliche Kontaktstellen mussten recherchiert und kontaktiert werden, um interessierte Menschen mit Demenz auf das Projekt aufmerksam zu machen. Parallel dazu gab es Unterstützung durch die Berliner Woche und die Berliner Morgenpost, die einen Artikel veröffentlichten. So kamen recht schnell erste Kontakte zustande. Während zwei aufeinanderfolgender Hausbesuche hatten die interessierten Personen die Möglichkeit das Projekt näher kennenzulernen,  sich auszuprobieren und zu präsentieren. Wir konnten uns Eindrücke über die interessierten Personen verschaffen und beurteilen, ob sie für die Bühne geeignet sind. So wurden auch mögliche Themen für das geplante Theaterstück gesammelt. Ende April 2013 konnten dann sechs Menschen mit Demenz sowie fünf Spieler des Theaters der Erfahrungen und ehrenamtliche Unterstützer für das Projekt gewonnen werden.

Das erste Kennenlernen

Am 22.4. fand das erste gemeinsame Treffen mit allen Teilnehmern in den Räumen des Theaters der Erfahrungen am Voralberger Damm in Berlin statt. Trotz der vielen Teilnehmer gab es nach einem gemeinsamen Singen und einer Vorstellungsrunde noch die Möglichkeit, sich mit Hilfe von verschiedenen Requisiten an erste kleine Szenen in kleinen Gruppen zu wagen. Es war erstaunlich, wie kreativ, humorvoll und vor allem offen alle Personen gleichermaßen schon beim ersten Treffen über ihre Person und ihr bisheriges Leben berichtet haben. Viel zu schnell war das „Kennenlerncafé“ vorbei. Aber man konnte sich schon auf das nächste Treffen am 25.4. freuen, an dem die erste Probe stattfinden sollte.

Die erste Probe

Ein Mitstreiter des Theaters der Erfahrungen hat während des „Kennenlerncafés“ alles protokolliert. So konnten vor der ersten Probe mit Hilfe des Protokolls erste Eindrücke zusammengetragen und Ideen gesammelt werden, um ein mögliche Rahmung für das Theaterstück zu finden. Die Idee, eine gemeinsame Schiffsreise als Rahmenhandlung zugrunde zu legen, wurde von allen begeistert aufgenommen und in kleinen Sequenzen entstanden erste mögliche Spielhandlungen.

Wir gaben eine bestimmte Idee vor, die dann von  den Spielern aufgegriffen und improvisatorisch umgesetzt wurden. So entstand z.B. eine Szene, in der Katie, ehemalige Sängerin, der Schiffsköchin zeigt, wie sie Gesangsübungen gemacht hat und singt dabei eine Operettenarie vor. Gudrun, ehemalige Englischlehrerin, bringt der Bord-Animateurin für einen Bordausflug die ersten „Brocken“ Englisch bei. Annemarie, die früher Gymnastik unterrichtet hat, übernimmt die Bewegungsanimation an Bord. Brigitte, die gerne tanzt, übt mit dem Reiseleiter für ein Bordfest.

 

Der weitere Verlauf und erste Rückblende

Inzwischen fand bereits die fünfte Theaterprobe statt. Zunehmend konkretisieren sich einzelne Sequenzen und Szenen. Die Spieler des Seniorentheaters schaffen den Rahmen und haben die Aufgabe, die Spieler mit Demenz durch die Szenen zu lotsen. Sie müssen immer wieder neu auf Impulse eingehen und mit viel Improvisationsgeschick die Ideen der anderen in Szenen einbinden. Es zeigte sich schon bald, dass diese Aufgabe nicht leicht ist und viel es Offenheit und Übung braucht. Aber die Spieler des Theaters der Erfahrungen lernen zunehmend, ihre Unsicherheit im Umgang mit Menschen mit Demenz zu überwinden.

Mit Hilfe von Biografiearbeit als wichtiger Bestandteil des Projekts wurden in einzelnen Spielsequenzen  Erfahrungen und Erlebnisse der einzelnen Teilnehmer erfragt. Im weiteren Verlauf werden diese in das Theaterstück eingearbeitet.

Nach der ersten Phase, wo jedes mal etwas Neues ausprobiert wurde, kamen die spannende Frage auf: Können die Menschen mit Demenz etwas, was sie schon mal gemacht haben, wiederholen, können sie sich erinnern? Die „Wiederholungen“ gestalten sich jedes Mal anders, aber wenn die Grundidee der Szene stimmt, dann spielt das keine große Rolle. Die meisten Spieler mit Demenz spielen jedes Mal aufs neue engagiert und die Mitspieler müssen sich auf die Veränderungen einstellen. Derzeit haben wir ca. 10 Szenen, die uns geeignet erscheinen, auf der Bühne umgesetzt zu werden. Nächste Woche soll ein erster „Durchlauf“ probiert werden und wir spielen alle Szenen hintereinander durch, um Aufschlüsse über eine mögliche Reihenfolge zu bekommen.

Relative Anlaufschwierigkeiten hatten wir mit 2 Spielern mit Demenz. U., ein ehemaliger Entertainer, der sehr witzig und spontan sein kann, setzte sich oft unter Druck, sich an alte Spielszenen zu erinnern, die er früher einmal gespielt hatte, meist vergeblich. Für ihn war und ist es schwierig, eine passende Rolle zu finden. Jetzt wird er verstärkt mit seiner Mundharmonika eingesetzt.

Bei B., die sehr leise spricht und sich auch schwer auf einen Dialog einstellen kann, dauerte es eine Weile, bis wir entdeckten, dass sie gerne tanzt. Nun darf sie auf der Bühne tanzen.

Erste Videomitschnitte und Interviews mit den Teilnehmern sind entstanden und unzählige Fotos wurden gemacht. Vor jeder Probe findet eine Planungsbesprechung der beiden Leiter statt, nach jeder Probe gibt es eine Rückschau mit den Spielerinnen des Theaters der Erfahrungen.

Hilfreich sind auch die Protokolle, die zu jeder Probe erstellt werden. Sie können genutzt werden,  um Probleme aufzuzeigen, Veränderungen und Verbesserungen anzuregen und Gelungenes festzuhalten.

Der Spaß aller Teilnehmer ist geblieben, auch wenn nicht immer alles so reibungslos verlaufen ist, wie man sich das wünscht. Anfangs waren die Verantwortlichen unsicher, ob die Räume im ersten Stock aufgrund des fehlenden Aufzugs für das Projekt geeignet sind. Aber die Sorge war bisher unbegründet. Auch wenn der Zugang alles andere als „barrierefrei“ ist, nehmen alle immer wieder die Mühen auf sich, die Treppen zu meistern. Manch einer wächst förmlich über sich selbst hinaus. Auch der Personentransport erfordert oftmals viel Einsatz und Kreativität seitens aller Beteiligten. Die Teilnehmer sind über Berlin verteilt und müssen abgeholt und zurückgebracht werden. Bisher konnte alles ohne einen professionellen Fahrdienst gemeistert werden, was aber viel zeitliche und personelle Ressourcen bindet. Ein Vorteil ist dabei das große bereits bestehende Netzwerk des ehrenamtlichen Besuchsdienst und des Theaters der Erfahrungen, auf das zurückgegriffen werden kann.

Wir hoffen, dass alle Teilnehmer auch weiterhin so viel Spaß am Theaterspielen haben wie bisher und dies in der im September 2013 geplanten Aufführung auch sichtbar wird.

Weitere Bilder finden Sie hier.